4. Was wurde erreicht, was läßt sich verbessern?

4.1 Vorwissen der Schüler

Um den Unterricht besser planen, und nachher den Lernfortschritt besser abschätzen zu können, habe ich versucht, mir einen groben Überblick über das Vorwissen der Schüler zu beschaffen. Zu diesem Zweck wurde ein Arbeitsblatt mit drei Fragen ausgegeben (vergl. Anhang). Die Fragen sind relativ offen gestellt, um keine Prüfungsatmosphäre aufkommen zu lassen und den Schülern möglichst viel Freiraum zu lassen, eigene Formulierungen zu finden. Die Reihenfolge der Fragen orientiert sich am (erwarteten) Motivationsgehalt der Fragestellung, nicht an der fachlichen Systematik oder am Schwierigkeitsgrad.
 

Ein Vergleich der Lösungsvorschläge ergibt ein ziemlich homogenes Bild der Klasse. In der nebenstehenden Tabelle sind die Schlüsselbegriffe aufgeführt, die die Schüler zur Beantwortung der Fragen benutzten.

Die erste Frage zielt auf den komplexen Sachverhalt der Streuung des Lichts in der Atmosphäre. Die Antworten zeigen, daß fast allen Schülern klar ist, daß die Ursache für die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit der Sterne im relativen Verhältnis der Intensitäten der verschiedenen Lichtquellen zu suchen ist. Die Lichtstreuung in der Atmosphäre und damit die eigentliche Zielrichtung der Frage bleibt jedoch unberücksichtigt - offensichtlich gibt es keinen unter ihnen, der sich bereits eingehender mit diesen Phänomenen auseinandergesetzt hat.

Frage 2 soll (in Form einer Ankreuzaufgabe) die Fähigkeit zur geometrischen Strahlkonstruktion überprüfen. Hier ist das Ergebnis des Vortests unklar; keine der angebotenen Varianten wurde signifikant bevorzugt. Möglicherweise hätte die Skizze eindeutiger sein sollen.

Frage 3 zielt auf die Grundvoraussetzung des Sehens, das Aussenden und Wahrnehmen von Licht. Es gab keine Antwort, die die Frage klar und deutlich beantwortete, in fast allen Formulierungen spielte jedoch der Begriff Lichtquelle die zentrale Rolle.

Den Schülern ist also im Prinzip bekannt, daß ein Zusammenhang besteht zwischen dem Sehprozeß einerseits und dem Aussenden und Wahrnehmung von Licht andererseits. Das vorhandene Vorwissen ist jedoch - wie zu erwarten - recht unstrukturiert. Anzumerken ist, daß nur ca. zwei Drittel der Arbeitsblätter wieder ausgefüllt zurückkamen.

4.2 Vermittlung der Inhalte, Klassenarbeit

Im Unterricht zeichneten sich einige wenige, interessierte Schüler durch kontinuierliche und teilweise kreative Mitarbeit aus. Während die Mädchen in Punkto Heftführung und in der Klassenarbeit vergleichsweise gut abschnitten, war bei ihnen die Initiative zur Mitarbeit am Unterricht durchweg eher gering.

Über das Erreichen der Unterrichtsziele - insbesondere der kognitiven - geben die Ergebnisse der Klassenarbeit Auskunft. Stoff der Klassenarbeit war die geometrische Optik, d.h. alle Inhalte der Lehrplaneinheit bis auf die Spektralzerlegung, die erst danach durchgenommen wurde.

Für die Arbeit stand eine volle Schulstunde zur Verfügung. Sie war, so die Resonanz der Schüler, zeitlich und vom Schwierigkeitsgrad her gut zu bewältigen. Das Ergebnis zeigt eine gleichmäßige Verteilung der Noten um die Durchschnittsnote von 2,7. Die Note "Mangelhaft" mußte für eine Schülerin vergeben werden, die auch in einem Nachtermin nur eine dieser Note entsprechende Leistung bot.

Die Arbeit (vergl. Anhang) setzt sich zusammen aus
- drei Aufgaben (Aufg. 1,2,4), die im wesentlichen Strahlkonstruktionen bekannten Typs erfordern,
- einer Aufgabe (Aufg. 3), die den Transfer des Gelernten auf eine geschilderte Situation und eine Beantwortung in Textform erfordern, sowie
- einer Aufgabe (Aufg. 5), die sich auf den Aufbau des Diaprojektor bezieht und zeichnerisch zu lösen ist.
 

Die Bearbeitung der Aufgaben ergibt folgendes Bild vom Wissens-, Kenntnis- und Fertigkeitsstand der Klasse: Das Hauptziel der Unterrichtseinheit, die Konstruktion einer Abbildung durch die Sammellinse (Aufg. 4), wird gut beherrscht. Der in der Behandlung etwas weiter zurückliegende "Standard" - Stoff der Reflexion und Brechung weist allerdings bereits einige Lücken auf. So ist die Mehrheit der Schüler nicht in der Lage, den Einfallswinkel richtig zu lokalisieren (zwischen Lot und einfallendem Strahl), obwohl gerade diese Konstruktion nochmals eingeübt worden war.

Bei der Transferfrage Aufg. 3 geht es - eingekleidet in eine fiktive Situation - um die Frage, ob bereits zwei Linsenausschnitte für eine Abbildung ausreichen. Obwohl diese Frage direkt auf die Experimente mit dem Diaprojektor und den Lochblenden zugeschnitten ist (vergl. 8. Stunde), zeigen sich deutliche Schwierigkeiten. Die Frage wurde von fast allen Schülern bearbeitet, in der Mehrzahl der Fälle kamen auch richtige Ansätze, allerdings gab es keine wirklich überzeugende Antwort. Immerhin bezog sich mehr als die Hälfte der Schüler auf Abbildungs- und Schattenexperimente mit dem Diaprojektor, bei denen Lochblenden verwendet wurden, teilweise wurden zwei sich schneidende Bilder vermutet. Die Probleme der Schüler mit dieser Aufgabe liegen sicher zum Teil darin, daß sie noch Schwierigkeiten mit der exakten Beschreibung und Begründung komplexer Sachverhalte haben. Trotz dieser Schwierigkeiten hat das Unterrichtskonzept offensichtlich doch dazu beigetragen, daß die Schüler nicht nur Grundkonstruktionen beherrschen, sondern auch neuartige Probleme auf Grundphänomene zurückführen können.

Der Aufbau des Diaprojektors in Aufg. 5 wurde von den meisten Schülern richtig bzw. sinnvoll wiedergeben, wenn auch die Ausführung der Skizzen oft unbefriedigend ausfiel. In einer Zusatzaufgabe ist nach dem Strahlverlauf im Projektor gefragt. Um diese Aufgabe sinnvoll zu bearbeiten, ist ein Zerlegung des Problems in zwei Teilprobleme, die Beleuchtung des Dias und die Abbildung, angebracht. Beide Teilprobleme wurden jeweils von einigen (wenigen) Schülern erfolgreich bearbeitet.

Zusammenfassend läßt das Ergebnis der Klassenarbeit folgenden Schluß zu: Das wichtige Ziel der geometrischen Optik, das Verständnis der Erzeugung reeller Bilder, wurde voll erreicht, die entsprechende Aufgabe wurde von den Schülern am erfolgreichsten gelöst. Im weiteren Bereich der grundlegenden optischen Phänomene und der Anwendungen wurde Basiswissen erworben, das nicht immer sicher, aber recht kreativ angewandt wird.

4.3 Hausexperimente

Die Durchführung der Hausexperimente ist das schwierigste Kapitel dieser Arbeit. Von den vier Versuchsthemen, die sich für Hausexperimente mit dem Diaprojektor eignen, wurden letztendlich nur zwei als Hausaufgaben gestellt, die beiden anderen wurden als Schülerexperimente im Praktikum durchgeführt. Bei beiden Anläufen für die Hausexperimente mußte festgestellt werden, daß die Versuche nur von einem Teil der Schüler durchgeführt wurden. Die Protokolle der Versuchsergebnisse waren zum Teil offensichtlich abgeschrieben. Die Möglichkeit, die eigenen Ergebnisse den Mitschülern und dem Lehrer zu demonstrieren, reichte als Motivation anscheinend nicht aus. Die Hilfestellung zur Einteilung in Gruppen und das Angebot, weitere Diaprojektoren auszuleihen, wurde nicht angenommen bzw. änderte nicht viel an dieser Situation.

Am Ende der Unterrichtseinheit wurde deshalb eine (anonyme) Befragung der Schüler zu den Haus- und Praktikumsexperimenten durchgeführt, die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefaßt. Das erste Ergebnis der Befragung ist die Frage nach dem Sinn derselben. Wenn Schüler beteuern, die Hausversuche hätten Spaß gemacht, und gleichzeitig angeben, daß sie sie nie ausprobiert haben, muß man sich fragen, welche Rückschlüsse solche Befragungen überhaupt zulassen. Immerhin schätzen die Schüler die Hausversuche offensichtlich so ein, daß sie Spaß machen und zum Verständnis beitragen könn(t)en.

Die Gründe für die unbefriedigende Ausführung lassen sich aus den Fragebögen nicht eindeutig ermitteln. Die meisten Nennungen fallen unter "fehlender Raum und Material". Am Material kann es aber nicht gelegen haben, alle notwendigen Kleinteile wie z.B. Diarähmchen waren ausgegeben worden, nach Auskunft der Schüler war auch eine ausreichende Zahl von Diaprojektoren verfügbar. Es ist eher zu vermuten, daß der zeitliche Aufwand der Experimente die Ursache für die unbefriedigende Ausführung ist.

Daß die Hausexperimente Anforderungen an die Schüler stellen, die in zeitlicher und räumlicher Sicht über die üblichen Hausaufgaben hinausgehen, liegt am Wesen der Versuche selbst. Die eindruckvollen Versuchsergebnisse erfordern nicht nur Initiative und ein gewisses Maß an Selbständigkeit, sondern eben auch einige Vorbereitungen. Ich sehe keine Möglichkeit, hier Vereinfachungen vorzunehmen, ohne daß die Versuche ihren Sinn verlieren.

Eine weitere Schwierigkeit liegt offensichtlich in der Altersstufe der Schüler. Das Konzept der Hausversuche besteht darin, daß die Versuche zuhause durchgeführt und dann im Unterricht vorgeführt werden. Im Gegensatz zur Unterstufe, in der die Schüler relativ unbefangen vor den Mitschülern agieren, zeigt sich in dieser Altersstufe eine gewisse Unsicherheit im "öffentlichen Auftreten". So kam es vor, daß zwar ein Teil der Schüler die Versuche zuhause durchgeführt hatte, dies jedoch verheimlichte, um in der Anonymität der Klasse zu bleiben. Dieser Problematik muß Rechnung getragen werden, was offensichtlich nicht ganz gelang.

4.4 Schülerpraktikum

Bei der Planung des Schülerpraktikums war streng darauf geachtet worden, daß Anleitung und Vorgehen mit dem der Hausexperimente vergleichbar ist. Insbesondere die erste Praktikumsstunde ist damit eine wichtige Vorübung für die Hausexperimente, auf die keinesfalls verzichtet werden kann. Durch das Schülerpraktikum kann am ehesten überprüft werden, in wie weit die Schüler zur eigenständigen Durchführung von Experimenten in der Lage sind.

In beiden Praktikumsstunden arbeiteten die Schüler interessiert und ziemlich unbefangen mit den Projektoren. Es gab keine grundsätzlichen Probleme mit den eher offenen Aufgabenstellungen oder mit den Geräten und Materialien. Während das Experimentieren sichtlich Spaß machte, war - wie nicht anders zu erwarten - die Freude am Protokollieren ziemlich begrenzt.

Aus dem problemlosen und engagierten Ablauf des Schülerpraktikums kann geschlossen werden, daß die Schüler vom Verständnis und den Fähigkeiten her auch den Anforderungen der Hausexperimente voll gewachsen sind.

4.5 Fazit

Sieht man von den Schwierigkeiten mit der Durchführung der Hausexperimente ab, so hat sich der Unterrichtsgang als abwechslungsreich und erfolgreich gezeigt. Die psychomotorischen Fähigkeiten der Schüler, vor allem die experimentellen Fertigkeiten, wurden durch das Schülerpraktikum (und die Hausversuche ?) deutlich gestärkt. Vom gemeinsamen Experimentieren gingen positive Impulse für das sozialen Miteinander der Schüler aus. Mit der exemplarischen Behandlung eines optischen Geräts wurde die affektive Einstellung gegenüber technischen Hilfsmitteln positiv beeinflußt. All dies zeigte sich vor allem im Verlauf der zweiten Praktikumsstunde, im unbefangenen und gewandten Umgang mit den Diaprojektoren und der konstruktiven Zusammenarbeit in den Kleingruppen.

Obwohl - oder gerade weil ? - diesen Zielen besondere Beachtung geschenkt wurde, wurden auch die kognitiven Ziele der Unterrichtseinheit erreicht. Die Schüler sind in der Lage, die Grundkonstruktionen der geometrischen Optik sicher auszuführen und neue Beobachtungen auf die Grundphänomene der Optik zurückzuführen.

Ich würde den exemplarischen Weg der Einführung in die Optik anhand der Untersuchung des Diaprojektors wieder in dieser Weise gehen. Was die Hausversuche angeht, so können sie auch als Schülerpraktikum im Unterricht durchgeführt werden. Welche Form der Bearbeitung für diese Experimente vorzuziehen ist, muß von der Klasse und der zur Verfügung stehenden Zeit abhängig gemacht werden.

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